In Spaniens Tierheimen – ein Reisebericht


Ein Sprichwort sagt : keiner kommt von einer Reise so zurück, wie er weg gefahren ist.

Und das stimmt sicherlich. Von meiner Reise im März zusammen mit Benjamin Wochnik bin ich aber nicht , wie sonst , nur braun gebrannt und pleite zurück gekommen. Nein, ich würde sagen diese Reise hat mich nachhaltig verändert.

Ich wollte eigentlich schon immer mal im Ausland in einem Tierheim arbeiten und dort meinen ‚Urlaub‘ verbringen. Irgendwie hat es sich nie ergeben und alleine ist sowas ja auch doof. Durch die Adoptionen einiger meiner Hunde über einen Deutschen Verein dessen Partnertierheime in Spanien sind habe ich Kontakt zu einigen Helfern vor Ort aufgebaut und letztes Jahr hat sich dann die Idee festgesetzt dass ich unbedingt vor Ort helfen wollte, sehen wo meine Hunde her kommen, die ganzen tollen Menschen in echt kennenlernen. Und nachdem Ben gesagt hat ‚klar, machen wir‘ wurde aus ner fixen Idee ein Reiseplan.

Zwei Tierheime wollten wir also dieses Jahr im März besichtigen und helfen sofern uns das möglich wäre.

Nun, überspringen wir die Sache mit dem Flug. Ich weiss , wer mich kennt hat gewettet dass ich kotzen würde, in jedem Fall sind wir gut in Spanien angekommen. 😉

Unser erstes Ziel war Asoka el Grande bei Alicante, ein privates Tierheim aus dem auch einige meiner Hunde stammen.

Unsere eigentliche Kontaktperson vom Verein haben wir leider nicht zu Gesicht bekommen aber das war egal, wir wurden sehr herzlich empfangen. Asoka ist ein Tierheim mit ca 60 Hunden ( und etlichen Katzen). Es liegt in mitten einer gemütlichen, kleinen Mülldeponie und ganz kurz war ich durchaus erschrocken. Wenn man Deutsche Tierheime gewohnt is kann man da schon mal schlucken. Es ist voll, es ist laut, die Zwinger sind teilweise sehr klein. Das Gebäude an sich ist alt. Ein deutscher Veterinär würde es wohl sofort schließen.

Wir hatten nicht lang Zeit ‚beeindruckt‘ zu sein, es ging gleich los, gassi … und nach nur wenigen Stunden war ich wirklich beeindruckt und zwar positiv.

Ein Tierheim geführt allein von Ehrenamtlichen Menschen die das zuverlässig neben ihren Jobs machen, die dort mit absoluter Hingabe und Liebe die ihnen anvertrauten Tiere versorgen. Respekt ! Das Tierheim ist perfekt organisiert und strukturiert, wie auch immer die Helfer das machen, es weiss dort jeder über alles Bescheid und jeder ist an ’seinem‘ Helfertag zu dem er zuverlässig da ist bestens informiert. Die Tierärztliche Versorgung dort ist sehr gut, Hunde erhalten regelmäßig Medikamente und sogar Physiotherapie. Deutscher Standard mit dem Unterschied dass hier kein Pfleger dafür bezahlt wird.

Jeder Hund hat jeden Tag mehrere kleine Gassirunden, am Wochenende dürfen Hunde auch mal mit auf Ausflüge. Bereits um 7 uhr morgens wurde geputzt und wenn wir abends um 20.30/21.00 Uhr in unsere Unterkunft fuhren waren immer noch Menschen vor Ort.

Was mir am meisten aufgefallen ist, keiner dort profiliert sich, es gibt nicht diese typischen unnützen ‚Wichtigmacher‘ wie ich sie aus deutschen Einrichtungen kenne. Jeder ist auch wirklich hilfreich und redet nicht nur oberschlau von Dingen von denen er keine Ahnung hat.

Keiner da hat sich selber wichtig genommen es zählt für alle nur das Wohl der Tiere.

Auffallend positiv war der Umgang mit den Hunden. Und zwar mit allen. Egal wie durchgeknallt die waren. Und wurde mal ein Pfleger geschnappt, hat man auch da kein Drama draus gemacht. Dem Hund wurde Verständnis entgegengebracht, man hat versucht die Situation beim nächsten mal anders zu managen. Die Hunde dort sind auch nicht nur abggestellt, die Ehrenamtlichen arbeiten durchaus mit ihnen. Viele Hunde sind durch die Gegebenheiten schwierig zu handeln (enger Gang, viele Hunde in kleinen Zwingern) aber alle Betreuungspersonen waren absolut professionell und emphatisch im Umgang mit den Tieren.

Auch die Vermittlung von Hunden aus Asoka läuft professionell. Das Tierheim arbeitet mit mehreren Vereinen zusammen, neue Hunde werden mit guten Bildern und Beschreibungen verschickt in der Hoffnung auf einen Übernahmeverein. Nichts desto trotz sitzen auch hier Hunde oft sehr lange. Gerade ältere Tiere aber auch Rassen wie der Deutsche Schäferhund, die wenig Interessenten haben. Und ja, das Leben da ist trotz Fürsorge,Auslauf und Liebe kein Zuckerschlecken. Die Hunde haben Stress, sie hätten gern weiche Bettchen, es ist und bleibt ein Tierheim in dem kein Tier lange verweilen sollte.

Nun, was haben wir gemacht? Hauptsächlich waren wir Gassi und es war klasse 🙂 Natürlich haben wir uns auch verliebt in den ein oder anderen Hund und nach einigen Tagen fiel der Abschied echt schwer.

Und wir haben so viele fantastische, tolle Menschen kennengelernt.

Positiv gestimmt (es war ja nun doch nicht so schlimm wie erwartet) fuhren wir mitte der Woche 100km weiter nach Xativa.

Und nicht nur unsere Unterkunft (Barracke triffts eher ) und das Wetter (hallooooo, ich dacht in Spanien is es immer so toll?) haben sich verschlechtert ….

Man hätte es vermuten können nachdem wir darauf hingewiesen wurden alte Sachen anzuziehen und wir gefragt wurden ob wir SO , also mit ’normaler‘ Kleidung da rein wollten!?

Von aussen sah es eigentlich noch ganz nett aus, so mitten in ner Orangenplantage.

Gut, der Hinweis nichts im Auto zu lassen da die oft aufgebrochen werden hat uns dann durchaus zu denken gegeben.

In jedem Fall war’s soweit, wir haben uns durch ein Tor gequetscht und zumindest ich habe das so nicht erwartet. Begrüsst wurden wir von ca 80 Hunden die in einer von drei Grossgruppen untergebracht sind.

Insgesamt beherbergt das Tierheim rund 200 Hunde. Ich weiss nicht ob man mir angemerkt hat dass ich geschockt war? Nach einer sehr kurzen Einführung hatten wir schon ne Schaufel und n Wasserschlauch in der Hand.

Die Helferin die uns eingewiesen hat konnte nicht sehr lange bleiben, sie musste los, zur Arbeit. Wie sich raus stellte stemmen zwei Männer neben ihren Jobs die Arbeit vor Ort täglich nahezu alleine. Es gibt ansonsten noch weitere 5-6 Menschen die alle am Samstag kommen. Das heisst an den Allermeisten Tagen sind 1-2 Menschen alleine vor Ort um 200 Hunde zu betreuen.

Wie ist das möglich wird man sich fragen? Nun, Futter gibts aus Futterautomaten die mit grossen Säcken aufgefüllt werden. Is praktisch und schmeckt auch den Mäusen sehr gut. Unhygienisch wird jetzt der ein oder andere denken. Ja, ich würde sagen ich hab mich selten an einem unhygienischerem Ort aufgehalten aber das gute ist- man riecht das nach ner Zeit nicht mehr. Man wird generell unempfindlicher. Mäusekot, Durchfallhaufen (in denen man leicht ausrutscht ), Hunde die lustig durch Urinpfützen springen und einem dann in die Haare, Matratzen in dene Mäuse leben, Ratten die einen anspringen…. irgendwie ist das alles gar nicht so schlimm. Denn mittags, wenn der/die Helfer gehen kann man ja in seiner Baracke immerhin duschen. Wer das nicht kann sind die Hunde. Sie fressen das verschimmelte Futter, trinken grünes Wasser (gesäubert wird das nur am Samstag), liegen auf der verpissten Matratze neben ihrem Durchfall. Wobei die Hunde die es auf diese Matratze ‚geschafft‘ haben Glück haben, denn es gibt davon nur eine.

Unter der Woche findet eine Notversorgung statt, Kot wird entfernt, es wird rausgespritzt (falls das Wasser nicht ‚weg‘ ist). Einige Hunde bekommen Medikamente. Wobei das eher eine medizinische Notversorgung ist. Die meisten Hunde haben miserable Zähne, Probleme mit den Ohren oder im Bewegungsapperat. Weil Gelder fehlen für dringend notwenige Schutzmaßnahmen wie Scalibor gegen Sandmücken sind viele Hunde an Mittelmeerkrankheiten erkrankt.

Gelder fehlen sowieso für alles. Unwetter zerstörten die Dächer von Zwingern die nicht mehr repariert werden können. Es fehlt an allen Ecken und Enden, auch am Strom. Den gibt es nicht. Es gab wohl mal einen aber dann wurde eingebrochen und die Kupferleitungen wurden gestohlen und es liefen viele Hunde dabei weg.

Gassigänge gibt es von ehrenamtlichen Gassigehern /Paten , das aber nur Samstags und traurigerweise kommen da nicht alle spazieren. Die, die raus kommen genießen die Ruhe, das Gras (im Heim gibts nur Beton) und die kleine Auszeit von Lärm und Gestank. Die, die nicht raus kommen warten, und warten und warten.

Denn was das furchtbarste ist, das Tierheim in Xativa hat derzeit nur einen einzigen Verein, nämlich Animal Help Espania, die dort ab und an Hunde übernehmen. Was für einen Grossteil der Hunde bedeutet : Lebenslänglich ! Spanische Familien die adoptieren gibt es kaum.

Hunde sind dort von Welpen an, sie wurden da geboren und verbringen ihr gesamtes Leben dort. Viele der Hunde sind schon wesentlich länger da als die derzeitigen Helfer, bei manchen ist gar nicht mehr genau nachvollziehbar wie lange …

Es sind viele Einzelschicksale, Hunde die man gesehen hat und nicht vergessen kann.

So fiel mir ein kleiner schwarzer Hund auf, man sieht in seinem Gesicht dass er Leishmaniose hat. Er ‚lebt‘ da im Lagerraum. Er könnte raus aber er traut sich nicht. Ab und zu hält er das Gesicht in die Sonne bevor er wieder auf seiner Decke verschwindet. An unserem letzten Tag, einem Samstag entfernten wir die Decken um sie auszutauschen denn die wenigen die es gab waren verpisst. Ich wollte nach dem raus spritzen eine frische hinlegen…. es gab keine mehr. Ich musste ihn zurücklassen, in seinem Lagerraum, ohne Decke, ohne Hoffnung.

Nachts werden die Hunde in kleineren Gruppen in Zwinger (oder eigentlich eher Verschläge ) gesperrt. Wobei was heisst nachts. Der Helfer geht mittags, von da ab sind die Hunde alleine. Sonntags sind sie gar nicht versorgt, es kommt lediglich jemand und verteilt Tabletten.

Natürlich ist es unter so vielen Hunden nicht immer friedlich obwohl ich überrascht war. Ich dachte an ‚Deutsche‘ Hunde und überlegte wie es wohl zuging würde man nur mal 10 davon in einen engen Zwinger sperren. Allerdings leben die Hunde da eben eher in einer Extremsituation. Und ja, es gab auch Beisserein, auch mit schwereren Verletzungen. Es gab aber auch sehr viele nette Situationen zu beobachten. Hunde die spielten, Hunde die gemeinsam auf Rattenfang waren. Hunde die echte Freunde sind. Die aufeinander achten und immer zusammen sind.

Besonders hart ist es für die Hunde die nur bedingt verträglich sind. Sie leben dort teils sehr isoliert weil ja neben fehlendem Sozialkontakt zum Menschen auch Hundekontakte nicht möglich sind. Diesen Hunden in die Augen zu sehen, ihre Hoffnungslosigkeit und ihre Trauer – es ist nahezu unerträglich !

Man könnte nun denken die Menschen vor Ort seien abgestumpft und sehen das nicht mehr. Was ja ein normaler Selbstschutz wäre. Aber weit gefehlt. Wie unerträglich hart muss es sein tag täglich damit konfrontiert zu werden? All die Hunde zu sehen die ohne Chance auf Vermittlung da ihr Leben fristen und so wenig tun zu können.

Mein allergrösster Respekt vor diesen Menschen die trotz all der Hoffnungslosigkeit alles tun was ihnen möglich ist. Man merkt wie sehr sie die Hunde lieben. Wie sehr bräuchten diese Menschen Hilfe und Unterstützung !!!

Nun was haben wir getan? Zum Gassigehen war hier keine Zeit. Wir haben geputzt, geschrubbt und vor allem haben wir, glaube ich, den Menschen das Gefühl gegeben nicht GANZ alleine zu sein.

Und auch wenn es letztlich nur ein Tropfen auf dem heissen Stein ist, wir haben Bettchen gekauft, Decken und Geld gesammelt und wir haben die Medikamente Mäusefrei bekommen dank eines Stahlschranks.

Für Rumano und Careta war es alles andere als ein Tropfen – sie fanden ein Zuhause bei einer lieben Freundin. Eine, die eben nicht weg schauen konnte. Auch wenn Rumanos verbliebene Zeit noch sehr kurz war, zum Ersten mal in seinem Leben hat er in einer Familie gelebt, er wurde umsorgt und betreuet , er hatte es weich und warm, er war schmerzfrei. Zum ersten mal seit langer Zeit.

Rumano und Careta im Tierheim

… und Zuhause

Insgesamt wurden durch unsere Reise 6 Hunde vermittelt, zwei davon kommen in einigen Tagen hier in Deutschland an. Und ja, diese Reise hat mein Leben nachhaltig verändert – denn einer davon wird hier bei uns einziehen.

Viele Menschen sagen es sei so toll von uns einen alten Hund zu adoptieren und dass sie das nicht könnten. Die Kosten, und wenn der Hund dann nicht mehr lang lebt …. so als sei es ein Opfer einen älteren oder kranken Hund auf zu nehmen. Dabei ist es das nicht. Alle Hunde in meinem Leben sind eine Bereicherung. Zu sehen wie ein Hund der viele , viele Jahre an einem solchem Ort gelebt hat ein Zuhause bekommt, was gibts Schöneres ? Ein Bettchen, Spaziergänge und medizinische Versorgung. Dinge die für uns Standart sind und die so viele Hunde nie haben werden. Sehen wie sein trauriger Blick sich ändern wird … ich denke viel mehr ist das ein Geschenk an mich! Etwas was zu meinem Seelenheil beitragen wird . Ich werde trotzdem jeden Tag an all die verlorenen Hunde denken, ich werde nicht müde werden für sie zu sammeln, für sie zu sprechen und dafür zu sorgen dass sie nicht vergessen werden. Einem Hund ein Heim geschenkt zu haben gibt einem aber das Gefühl eben nicht vollkommen hilflos NICHTS tun zu können. Denn wie heisst es so schön : einen Hund zu retten ändert nicht die Welt, aber für diesen einen Hund ändert sich die Welt für immer.

Dora- wir freuen uns auf dich !

Ausserdem möchte ich ja nicht all die Menschen enttäuschen die darauf gewettet haben dass ich einen Hund ‚mitbringe‘ 😉

Ja, ich würde sagen ich spreche nicht für mich alleine – von dieser Reise sind wir nicht so zurück gekommen wie wir gegangen sind !

ADOPTIERT- SPENDET-SEID PFLEGESTELLE – macht die Welt ein bisschen besser !!

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